Mikita Franko – Die Lüge

Dass es überhaupt noch sowas wie einen Pridemonth braucht, zeigt der russische Autor Mikita Franko in seinem autobiografisch angehauchten Roman „Die Lüge“. Denn so selbstverständlich wie Gleichberechtigung und Toleranz in unserer Insta-Bubble scheinen, sind sie es in der Realität leider (noch) nicht.

Als Mikis alleinerziehende Mutter stirbt, nehmen ihn sein Onkel Slawa und dessen Lebensgefährte Lew auf. Doch von besagtem Partner darf keiner etwas erfahren. Diese Lüge legt sich wie ein Schatten über Mikis Leben, so kann er z. B. keine Freunde einladen, niemandem die Wahrheit sagen und es liegt der ständige Druck auf seinen Schultern, sich zu verplappern.

Doch der Roman bietet so viel mehr als das. Es ist ein Coming-of-Age-Drama par excellence und so bleiben auch Auseinandersetzungen in der Schule und mit den Eltern, die erste Liebe und der verschlungene Weg der Selbstfindung nicht außen vor. All das wird aus Sicht des Ich-Erzählers mit einigem zeitlichen Abstand geschildert. Dennoch konnte ich die Handlungen und Gedankengänge Mikis vor allem im letzten Drittel nicht ganz nachvollziehen.

Hingegen gelingt es dem Autor gut, die Realität queerer Menschen abzubilden, denn so wie Miki, Slawa und Lew geht es wohl vielen, angefangen beim toxischen Bild von Männlichkeit, das nach wie vor vorherrscht und unser Denken oft mehr bestimmt als es uns bewusst ist, bis hin zur Angst vor dem Coming Out und der Reaktion der Gesellschaft.

Mikita Franko hat ein wichtiges Thema in seinem Roman verarbeitet, der aufrüttelt und uns unsere eigenen Einstellungen hinterfragen lässt, wenn mich auch das letzte Drittel nicht ganz überzeugen konnte.

Sterne-Wertung: 4.0

TitelDie Lüge
Autor*inMikita Franko
Übersetzer*inMaria Rajer
VerlagHoffmann und Campe Verlag
ISBN9783455013672
Erscheinungstermin03.05.2022
Seitenzahl384 Seiten
Hörbuch-VerlagSaga Egmont
Sprecher*inLennart Thomas, Julian Mill
ISBN9783869749402
Erscheinungstermin31.05.2022
Laufzeit9 Stunden 33 Minuten

Link zur Verlagsseite: Die Lüge

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